Programm
  • Mirga Gražinytė-Tyla

Der Tod und das Mädchen

  • Eine Hommage an Caspar David Friedrich
  • Tanzabend mit Musik von Franz Schubert, Carl Maria von Weber und Richard Wagner

Im Körper des Tanzenden ist seine größte Kraft und Schönheit präsent, aber ebenso seine Schwäche und Begrenztheit, jedoch, und das macht die Kunst aus, als ästhetisches Erleben.

Poesie, Fantasie und menschliche Abgründe - so läßt sich dieser Abend vielleicht zusammenfassen, der auch eine Entdeckungsreise in Seelenlandschaften ist und in dem berühmte Musikstücke, Bilder und die Erzählung(en) dahinter verschmelzen.
Ins Zentrum stellt die Deutsche Tanzkompanie die choreographische Umsetzung von Franz Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“, das er bereit 1824 komponierte.
Dieser Meilenstein der Musikgeschichte wird in eindringliche Bilder umgesetzt und zugleich als philosophisches und klangliches Pendant zu einem Schlüsselwerk der romantischen Malerei interpretiert. Dabei öffnet sich eine Dimension, deren Faszination man sich nicht entziehen kann. Franz Schuberts Musik und Caspar Davids Friedrichs Bildkomposition verschmelzen mit Lars Scheibners Tanzstück zu einem empfindsamen Wechselspiel berührender Begegnungen und einer mit feinem Pinsel gezeichneten Studie romantischen Empfindens. Hände werden angeboten, ergriffen und losgelassen, ganz im Sinne von Matthias Claudius: „Ich bin noch jung, geh Lieber! / Und rühre mich nicht an. / ... Gib deine Hand, du schön und zart Gebild! / Bin Freund, und komme nicht, zu strafen.“ Die gleichzeitig auf Nähe, Schönheit und Freiheit zielenden Sehnsüchte gestatten den mit leichter Hand skizzierten Figuren Momente von Gemeinsamkeit und Innigkeit und reißen sie sogleich wieder auseinander, um sie erneut in den Wirbel des Schicksals zu tauchen.
Die Tänzerinnen und Tänzer unternehmen dabei einen Ausflug in neoklassische Gefilde. Auch die sonst nur als Zitat im Repertoire der Deutschen Tanzkompanie zu findende klassische Arabesque ist Bestandteil einer sinnlichen Auseinandersetzung mit dem Erbe der deutschen Romantik.

Franz Schuberts "Der Tod und das Mädchen" und Caspar David Friedrichs "Kreidefelsen auf Rügen" als Ausgangspunkt einer Reise ins Innere der Menschen: Musik und Gemälde der beiden Zeitgenossen oszillieren zwischen Sein und Vergehen, Abgrund und Idylle. Mit der Spannung zwischen diesen Polen spielt die Choreographie. Einzelne Personen treten aus der Landschaft heraus bilden Paare, entdecken Sehnsüchte. Bild, Musik und Tanz verschmelzen zu einem neuen Kunstwerk, das den Betrachter auf ungeahnte Weise berührt.

Den Abend komplettieren zwei weitere Tanzstücke aus dem Repertoire der Deutschen Tanzkompanie, die inhaltlich wie musikalisch in Beziehung treten:
Carl Maria von Webers Freischütz-Ouvertüre, geschrieben 1821, wird als exklusives Kurzballett präsentiert. Die berühmte romantische Oper hat alles, was Theaterfreunde begehren, einen tragischen Helden, einen Schurken, unschuldige Liebe und dämonischen Zauber. Nicola-Clarissa Gehring und Axel Rothe zeigen eine szenisch-tänzerische Fantasie, die die Handlung der Oper geschickt und verschmitzt "zusammenrafft".
Aus der Auseinandersetzung des Ensembles mit dem Lebenselixier Wasser rührt u.a. die Szene "Auf der Eisscholle". Richard Wagners Lohengrin-Ouvertüre beginnt mit leisen und hohen  Streicherklängen, schwillt zu einem mächtigen Höhepunkt an und verschwindet wieder im sphärischen Pianissimo. Ein Fest für eine eindrückliche Ensemble-Szene!